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Megatrends und Kapitalismus I: Fleischverzicht

Wer meinen Artikel zu den vier Reitern des Kapitalismus gelesen hat, wartet vielleicht schon gespannt auf die Fortsetzung. Wer dies nicht hat, sollte dies zuerst mal hier nachholen:

Fleischverzicht, vegetarische oder vegane Ernährung – was hat das bitte mit Kapitalismus zu tun?? Ja, genau! Ich halte diesen Megatrend für einen guten Einstiegspunkt, um die kapitalistische Agenda zu erklären.

Die kapitalistische Agenda

Was ist die kapitalistische Agenda? Nun, stellen sie sich vor, Sie arbeiten bei einem globalen Unternehmen, einem multi-milliarden-Dollar-Konzern, und ihre Aufgabe ist es, für den CEO und den Aufsichtsrat zu Megatrends Stellung zu nehmen und auszuloten, wie sich ihr Unternehmen bezüglich dieses Trendes positionieren soll, um damit möglichst viel Umsatz und Gewinn zu generieren.

Die kapitalistische Agenda ist die Summe all dieser Stellungsnahmen aus allen Megakonzernen heraus. Daher kann es durchaus sein, dass sich die kapitalistische Agenda an manchen Punkten widerspricht – in diesem Fall arbeiten Megakonzerne mit unterschiedlichen Interessen auch mal gegeneinander.

Also, nun da das geklärt ist, zurück zum Fleisch!

Was Fleisch mit Geld zu tun hat

Nun, der erste Punkt, warum der Fleischverzicht Teil der kapitalistischen Agenda ist, liegt in der Art der Herstellung von Fleisch begründet. Das Betreuen von Tieren erfordert ein hohes Maß an Personaleinsatz. Während ein Weizenfeld inzwischen von automatisierten Maschinen abgeerntet werden kann, so erfordert nicht nur die Aufzucht von Tieren, sondern auch die Schlachtung und Zubereitung Handarbeit. Da die Tiere aber auch Weidefläche brauchen, arbeiten die in der Fleischprodkution beteiligten Menschen oft dem Land. Die Fleischproduktion widerspricht also dem Ziel der Urbanisierung.

Der nächste Punkt ist die schlechte Haltbarkeit von totem Fleisch. Frisches Fleisch ist gefrorenem Fleisch qualitativ deutlich überlegen, da beim Gefrieren die Muskelzellen beschädigt werden. Lebende Tiere können aber nur sehr eingeschränkt mit Schiffen über die Ozeane transportiert werden. Daher ist Fleischproduktion auf lokale Produktion angewiesen – das widerspricht dem Ziel der Globalisierung.

Für Fische trifft das im übrigen beides weniger zu. Es gibt ja Vegetarier, die Fisch essen.

Die Problematik bei Fisch ergibt sich eigentlich eher aus der Überfischung. Die Maßnahmen zum Fischfang sind einfach zu gut geworden im Vergleich mit dem Nachwachsen des Rohstoffes Fisch.

Aus diesem Grund gibt es in vielen Ländern Quotenregelungen und so können kleinere Unternehmen aufgrund der Fangquoten immer noch am Kapitalmarkt teilnehmen, insbesondere bei hoher Nachfrage und damit hohen Preisen. Ein Senken bzw. Niedrighalten der Nachfrage wäre also durchaus im Interesse der kapitalistischen Agenda.

Da die Fleischproduktion bereits mit den kapitalistischen Konzepten von Urbanisierung und Globalisierung aneinandergerät, wundert es wenig, dass die Fleischproduktion mit der Digitalisierung eher wenig zu tun hat.

Bezüglich der Dysidentifikation trifft auf den Fleischverzicht aber genau das Gegenteil zu. Sätze wie: „Ich bin Vegetarier“, „Ich bin Veganer“ zeigen:

Es gibt eine massive Identifikation mit der Beschränkung des eigenen Speiseplans. Man könnte ja auch sagen: Ich ernähre mich bevorzugt vegetarisch/vegan, nur als Beispiel. Veganer/Vegetarier zu sein ist oft eine so starke Art der Identifikation, dass selbst der gelegentliche Fleischkonsum abgelehnt wird.

Veganer sind teils sogar willens, für Fleischersatzprodukte aus Getreide oder Soja die gleichen Preise zu zahlen wie für echtes Fleisch, obwohl die Zutaten den Hersteller nur einen Bruchteil dessen kosten – da blüht das Herz jedes Kapitalisten auf!

Die Identifikation mit der Beschränkung des eigenen Speiseplans sorgt darüber hinaus für weitere Konflikte innerhalb der Arbeiterklasse: Die Gesellschaft trennt sich in Fleischesser und Vegetarier. Wer kennt nicht die eigentlich bedeutungslose Diskussionen darüber, was der andere denn isst oder nicht? Dabei geht es allerdings nie um den Rotkohl, sondern immer um das Fleisch… und so freut sich die kapitalistische Agenda, dass das Gespräch am Mittagstisch regelmäßig auf das Essen und nicht auf antikapitalistische Themen kommt…


Mein Fazit

Esst Fleisch von einem lokalen Anbieter.

Macht aus eurem Speisezettel keine Religion.

Esst mehr Fleisch.

Wie ich bereits Eingangs erwähnte: Es wird kontrovers! Die Diskussion ist eröffnet.

PS: Lasst ein Abo da, um die weiteren Teile nicht zu verpassen!

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Veröffentlicht von Zacharias Fögen

Arzt. Psychosomatiker. Tiefenpsychologe. Verheiratet, Vater von zwei Söhnen. Gegner der Corona-Maßnahmen. Antikapitalist und Antisozialist.

7 Kommentare zu „Megatrends und Kapitalismus I: Fleischverzicht

  1. Absolute Zustimmung. Am Fleisch kann die Industrie kein Geld verdienen. Es braucht den Bauer und den Metzger. Fleischersatzprodukte kommen alle aus der Fabrik. Dort wie billigstes Palmöl mit Wasser zu irgendwas gemacht und mit gutem Gewinn an den dummen Konsumenten verkauft.

    Gefällt 1 Person

  2. Ich sehe nicht was Fleischproduktion mit digitalisierung zu tun hat! Ich komme selbst aus der Landwirtschaft…Am Fleisch verdient die Industrie sehr wohl und zwar nicht schlecht. Und für die Fleischproduktion wird in der konventionellen Landwirtschaft schon lange keine Weidefläche mehr benötigt, außer bei biologisch wirtschaftenden Betrieben. Ich esse möglichst wenig Fleisch, ich weiß wie viel Energie und Ressourcen dafür draufgehen..

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    1. Mit Digitalisierung hat das nichts zu tun, das steht ja aber auch so im Text. Natürlich könnte man alle Tiere ohne Weidefläche großziehen, das macht aber Qualitativ schlechteres Fleisch, da sich die Tiere nicht bewegen können und so kaum Muskeln aufbauen. Da kommt dann natürlich der Tierschutz als Gegenspieler.
      Außerdem verursachen die Tierexkremente natürlich einen enormen Gestank, weswegen die nicht einfach in der Stadt angesiedelt werden können.
      Wenn wir von Deutschland weg denken, gibt es natürlich in ärmeren Ländern noch viel mehr Weideflächen, viel mehr herkömmliche Bauern. Die sind den Kapitalisten natürlich auch ein Dorn im Auge. Daher ist der Fleischverzicht teil der antikapitalistischen Agenda.

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  3. Die Interessen der globalen Finanzwirtschaft sollen aus meiner Sicht alle Bereiche der Realwirtschaft (wie wie auch Nahrungsproduktion) bestimmen, wie es der Beitrag gut beschreibt. Alles muss zu einem skalierbaren Finanzprodukt für globale Investoren werden, vor allem alle wichtigen Ressourcen. Da kommen auch jegliche Nahrung und v.a.Fleisch ins Spiel. Dieses Monopoly soll möglichst alle Menschen abhängig machen, als Abonnenten codieren.
    Das Fazit „esst mehr Fleisch“ ist aus meiner Sicht dennoch falsch und dient der „Globalideologie“ zum aufreiben. Ich bin eher für: essen was dem Körper gut tut (vl. wenig und gutes Fleisch), von einem Produzenten den ihr kennt, der nicht Sklave von Blackrock und Co. ist. Wie auch bei anderen Konsumbereichen sollte man sich überlegen, wo (lokal), wie (barzahlen) und was (gut für Mensch und Umwelt) man kauft und isst. Fakt ist, das die „Fleisch-Ersatzprodukte“ für den menschlichen Verzehr wenig bis nicht geeignet sind (siehe hier:https://food-detektiv.de/aktuelles/newsdetails/veganuary/?newsid=41)

    Gefällt 1 Person

  4. Sorry, mir ist das auch zu monokausal gedacht. Es mag aktuell tatsächlich ein geförderter Hype sein – die Prozentzahlen der Vegetarier und vor allem Veganer bewegen sich trotzdem nach wie vor im einstelligen Bereich.
    Ich selber bin jedenfalls aus anderen Gründen seit über 40 Jahren Vegetarier. In der Fleischindustrie ließ sich schon bisher über Subvention und Ausbeutung gut Gewinn maximieren, sonst gäbe es sie in dieser Masse schon lange nicht mehr. Inzwischen wird gerade durch die Digitalisierung der menschliche Personalfaktor reduziert. Die Tiere werden gechipt, vollzeitüberwacht und mehr und mehr durch automatisierte Systeme gelenkt/behandelt.
    Dazu kommt: Das Fazit „Kauft regionales Fleisch“ und gleichzeitig „Esst mehr Fleisch“ schließt sich m.E. gegenseitig aus. Man stelle sich vor, eine Stadt wie München mit 2 Mio. Einwohnern wollte gleichzeitig „regional“ und (noch) „mehr“ Gleich kaufen und essen. Wie soll das gehen? Tatsache ist einfach, dass sich in diesem Bereich jetzt zusätzlich Gewinn generieren lässt, weil die Hipster irre Preise für ihre vollkommen überteuerten Fleischersatzprodukte bezahlen. Vielleicht genügt das ja schon als „kapitalistischer Anreiz?

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    1. Im Moment kann die Fleischindustrie vor allem über das Vermarktungsoligopol (in den Märkten/Discountern) die Preise zu lasten der Bauern diktieren. Auch sind die Schlachtereien und Fleischereien inzwischen deutlich weniger geworden. Das läuft alles zu Lasten der Bauern.
      Zum Thema „Regional und mehr“: Natürlich geht das in München nicht, das ist ja genau das „Problem“ bzw. der „Trick“ mit der Urbanisierung aus Sicht der kapitalistischen Agenda. Urbanisierung ist der wichtigste Grundpfeiler des Kapitalismus.

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      1. Ich komme vom Land (Niederbayern) und der Begriff „Bauer“ hat vor diesem Erfahrungshintergrund für mich sehr wenig mit dem Begriff „Fleischindustrie“ gemein, wobei die Grenzen freilich fließend sind. Frage: Für wie viele Menschen kann ein „Bauer“ mit einigermaßen artgerechter Tierhaltung und dem aktuellen Pro-Kopf-Verbrauch die Nachfrage nach Fleisch- und Wurstwaren befriedigen?

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